Back

Marketing und Klimawandel: Meine Tochter, Stoiker und die KI

„Papa – Eure Firma hilft doch anderen Firmen dabei, dass die ihre Sachen besser verkaufen können. Aber wenn die dann mehr verkaufen, ist dann nicht auch gleich mehr Klimawandel?“ Einen Tag nach dem „Girls‘ Day“ stellt meine Tochter mir diese Frage beim Frühstück. Und ich weiß sofort die Antwort: „Nein! Und: Ja!“ Verdammt. Es folgte eine Diskussion, in der ich über das dringend benötigte Wachstum bei grüner Technologie, bei nachhaltigeren Ernährungsangeboten und den vielen weiteren Produkten, die am Ende weniger Ressourcen verbrauchen, sprach. Das alles braucht gutes Marketing! Super Vertrieb! Mehr und schnell bitte! Es blieb ein „Ja, aber“. Als wir dann über die Rolle des Marketings bei der Steigerung der Attraktivität von Jobs, welche die KI nicht zerschießen wird sprachen, wurde eine 12-Jährige plötzlich philosophisch. Und technisch. Was denn Philosophen und „BWLer“ zu der Frage sagen würden? Und ob man dafür auch KI nutzen könne?

Na dann: Fragen wir doch mal und gucken gleichzeitig, was die KI bei solchen Fragen schon kann. Nach ein paar eingrenzenden Prompts entwickelte sich folgender Chatverlauf in Chat-GPT 4, bei dem die Maschine sich selbst Fragen stellte und gleich auch beantwortete:

Marcus Aurelius: Im Licht der stoischen Philosophie betrachten wir die Welt durch die Linse der Vernunft und Tugend. Angesichts des Klimawandels und der Rolle des Marketings müssen wir uns auf diese Prinzipien besinnen, um einen Weg vorwärts zu finden.

Fragender: Aber wie passt das Streben nach Gewinn, welches das Marketing ja unterstützt, mit den stoischen Idealen zusammen?

Marcus Aurelius: Es ist wahr, dass Marketing oft mit Gewinnstreben verbunden wird. Jedoch, wie Viktor Frankl betonte, kann der Mensch Bedeutung in der Verantwortung gegenüber sich selbst und der Welt finden. Im Marketing bedeutet dies, Verantwortung für die Auswirkungen unserer Handlungen auf die Umwelt zu übernehmen und die Botschaften entsprechend zu gestalten.

Fragender: Marketing wird häufig als treibende Kraft hinter dem Konsum gesehen. Ist dies nicht ein Widerspruch zur Stoik?

Marcus Aurelius: Peter Drucker, ein einflussreicher Denker im Bereich des Managements, sagte, dass der Zweck eines Unternehmens darin liegt, einen Kunden zu schaffen. Marketing kann, anstatt blinden Konsum zu fördern, dazu beitragen, bewusste und verantwortungsvolle Kunden zu schaffen, die Wert auf Nachhaltigkeit und ethisches Handeln legen.

Fragender: Und wie können Marketingexperten ihre Rolle im Rahmen der Wertschöpfungskette nutzen, um echte Veränderungen in einem Unternehmen zu bewirken?

Marcus Aurelius: Hier kommt das Konzept der ‚Exzellenz‘ ins Spiel, wie es von Tom Peters und Steven Covey diskutiert wurde. Marketing sollte nicht nur eine Funktion sein, sondern eine Praxis der Exzellenz, die sich in jedem Aspekt des Geschäftslebens widerspiegelt. Es geht darum, die Unternehmenskultur zu prägen und ethische, umweltbewusste Werte in die DNA des Unternehmens zu integrieren.

Fragender: Aber was ist mit den Herausforderungen wie Greenwashing?

Marcus Aurelius: Greenwashing ist ein Beispiel für die Abkehr von der stoischen Tugend der Ehrlichkeit. Ein Unternehmen, das wahre stoische Werte vertritt, würde sich in seinen Marketingbemühungen durch Transparenz und Authentizität auszeichnen. Es geht darum, einen Pfad zu finden, der sowohl den Anforderungen der Wirtschaft als auch den Bedürfnissen unserer Umwelt gerecht wird.

Fragender: Aber was kann man im Marketing denn wirklich ausrichten?

Marcus Aurelius: Eine wichtige stoische Lehre ist die Unterscheidung zwischen Dingen, die wir kontrollieren können, und solchen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen. Diese Perspektive findet sich im modernen Konzept des „Circle of Influence“ wieder, das von Stephen Covey in seinem Werk „Die 7 Wege zur Effektivität“ eingeführt wurde.

Fragender: Wie passt dieses Konzept in den Kontext von Marketing und Klimawandel?

Marcus Aurelius: Der „Circle of Influence“ umfasst die Bereiche, in denen wir tatsächlich eine Wirkung erzielen können – unsere eigenen Handlungen, Entscheidungen und Einstellungen. Im Marketing bedeutet dies, sich auf Strategien und Botschaften zu konzentrieren, die nachhaltiges und ethisches Handeln fördern und dadurch das Verbraucherverhalten beeinflussen können. Es geht darum, innerhalb unseres Einflussbereiches positiv zu wirken.

Fragender: Ist es also möglich, dass Marketing einen signifikanten Einfluss auf die Eindämmung des Klimawandels hat?

Marcus Aurelius: Absolut. Marketingexperten haben die Möglichkeit, innerhalb ihres „Circle of Influence“ zu operieren, indem sie das Bewusstsein und Verständnis für Umweltthemen schärfen und zum Handeln anregen. Sie können Kampagnen gestalten, die nicht nur über die Risiken des Klimawandels informieren, sondern auch praktische Schritte und Lösungen aufzeigen, um einen positiven Wandel herbeizuführen.

Fragender: Aber wie können sie sicherstellen, dass ihre Botschaften nicht nur gehört, sondern auch umgesetzt werden?

Marcus Aurelius: Hier spielt die Authentizität eine Schlüsselrolle. Marketing, das von echter Sorge und Engagement für den Planeten getragen wird, hat eine größere Chance, Menschen zu erreichen und zu motivieren. Es geht darum, innerhalb unseres Einflussbereichs zu handeln und gleichzeitig unsere eigenen Handlungen und Motive ständig zu reflektieren, um sicherzustellen, dass sie mit den Prinzipien der Tugend und Vernunft im Einklang stehen.

Ein kleines Zwischenfazit: Vater und Tochter staunen über die Fähigkeiten der KI. Und ich merke wieder, warum ich unseren Job so liebe. Aber halt! Am Ende ist halt doch nur ein Large-Language Modell das hier wild interpretiert. Was passiert denn, wenn wir diese oft willfährige Maschine beauftragen, die eigene Argumentation zu zerschießen? Mein Tochter formulierte den Prompt und es blieb spannend:

Prompt: „Und nun lass Marc Aurel sauber argumentieren, dass im Sinne der Stoiker Marketing abgeschafft gehört, da es den Klimawandel nur beschleunigt und der nächsten Generation die Lebensgrundlage raubt.“

Marcus Aurelius: In der stoischen Philosophie geht es um die Harmonie mit der Natur und das Leben gemäß der Tugend. Wenn wir betrachten, wie Marketing in der heutigen Welt oft praktiziert wird, könnte man argumentieren, dass es im Widerspruch zu diesen Prinzipien steht.

Fragender: Bedeutet das, Marketing sollte abgeschafft werden?

Marcus Aurelius: Betrachten wir die Situation. Wenn Marketing dazu beiträgt, den Konsum unnötiger Produkte zu fördern, die natürliche Ressourcen verschwenden und die Umwelt belasten, dann steht es im direkten Widerspruch zu den stoischen Idealen von Mäßigung und Respekt vor der Natur. Ein solches Marketing fördert nicht nur den Klimawandel, sondern raubt auch zukünftigen Generationen ihre Lebensgrundlage.

Fragender: Aber ist es nicht möglich, Marketing für positive Zwecke zu nutzen?

Marcus Aurelius: Während dies theoretisch möglich ist, zeigt die Praxis, dass das Hauptziel des Marketings oft darin besteht, den Umsatz zu steigern, ohne Rücksicht auf die ökologischen und sozialen Kosten. Die stoische Lehre ermahnt uns, unsere Handlungen an der Tugend auszurichten. Wenn Marketing als Werkzeug dient, das zu Überkonsum und Umweltzerstörung führt, dann wäre es aus stoischer Sicht zu verwerfen.

Fragender: Was wäre die Alternative?

Marcus Aurelius: Die stoische Alternative wäre ein Leben, das sich auf das Wesentliche konzentriert, auf das, was wirklich notwendig und nützlich ist. Ein Leben, das nicht von künstlich geschaffenen Bedürfnissen angetrieben wird, sondern von einem tiefen Respekt für die Natur und dem Streben nach einem harmonischen Zusammenleben mit ihr. In einer solchen Welt wäre das traditionelle Marketing, wie wir es kennen, überflüssig.

Fragender: Kann eine solche Veränderung realistisch erreicht werden?

Marcus Aurelius: Als Stoiker glauben wir an die Macht des Individuums, durch vernünftiges Denken und tugendhaftes Handeln Veränderungen herbeizuführen. Es erfordert eine tiefgreifende Transformation in der Art und Weise, wie wir über Konsum und Wirtschaft denken und handeln. Es ist eine Herausforderung, aber nicht unmöglich.

Fazit: meine Antwort an meine Tochter bleibt: „Nein! Und Ja!“. Das Marketing kann und muss Verantwortung übernehmen, nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen, Wandel voranzutreiben und dafür zu sorgen, dass die richtigen Produkte entwickelt und gekauft werden. Vermutlich werden wahre Kenner der Stoiker bei dem Chatverlauf mehrfach zusammenzucken und die KI verteufeln. Aber ich sah die leuchtenden Augen meiner Tochter, die mit Chat-GPT gerade den Sinn- und Unsinn des deutschen Schulsystems diskutiert. Das macht mich stolz und zukunftsfroh.